Die Nazibilder bleiben

© Eric Fricke

Die CDU ist eine konservative Partei. Konservativ, das kommt vom lateinischen "conservare", zu deutsch: "bewahren". Das ist von Haus aus durchaus nichts Negatives. Zuweilen bekommt der Hang zum Bewahren aber einen unangenehmen Beigeschmack: In der letzten Gemeinderatssitzung sprach sich die Mehrheit der CDU für den Erhalt der Schroeder-Schoenenbergschen Nazi-Propaganda in den Rathausfluren aus, womit der Antrag der SPD, die Bilder zu entfernen oder wenigstens zu modifizieren, vom Tisch war.

Man hätte eigentlich mit jedem der vorgebrachten Lösungsvorschläge leben können, ob nun vollständige Entfernung der Bilder und deren Dokumentation im Museum oder der Erhalt eines angemessen kommentierten Fragments – konstruktive Vorschläge, die auch in einem akzeptablen finanziellen Rahmen gelegen hätten, gab es zur Genüge. Die von Richard Leibinger vorgeschlagene Spendensammlung hätte nicht nur den Etat entlastet, sondern sogar eine Bürgerbeteiligung an der Neugestaltung der Rathausflure bewirken können. Doch nein, nach dem Willen der CDU bleibt alles beim Alten. Selbst an der dürftigen Kommentierung der Gemälde soll sich nichts ändern, lediglich die ausgelegten Handzettel sollen überarbeitet werden. Die indes können nicht einmal ihre Alibifunktion erfüllen – mir sind diese Zettel noch nie aufgefallen. Offenbar sind sie gut versteckt.

Es gab ja Kompromissmöglichkeiten zur Genüge. Dass die CDU jedoch nicht einmal versuchte, den Mittelweg zwischen radikaler Entfernung der Bilder und deren Erhalt zu gehen, sondern vehement für die Beibehaltung des Status quo plädierte, ist schon erschreckend. Wäre jemand bösartig, könnte er der Waldkircher CDU-Fraktion unterstellen, sie identifiziere sich mit den Bildern. So weit möchte ich nicht gehen, allerdings konnte ich bei manchen CDU-Fraktionsmitgliedern durchaus eine gewisse Tendenz zur Verharmlosung der Zusammenhänge feststellen – selbst bei jenen, die ich ansonsten persönlich überaus schätze: Die evangelische Kirchengemeinde in Eichstetten besitzt ein schmuckes Gotteshaus, dessen Fenster im Chorraum von Josef Schroeder-Schoenenberg gestaltet worden sind. Offenbar wollte die Gemeinde Näheres über den Künstler wissen und zog Erkundigungen ein. Die Auskunft ist auf der Website der Gemeinde – www.walter-jandik.de/kirche – veröffentlicht. Zitat:

Der Maler Josef Schroeder-Schoenenberg wurde 1896 in Köln geboren und starb 1948 in Waldkirch. Er machte eine Lehre als Maler und Graphiker, Studium an den Akademien der Bildenden Künste in München und Karlsruhe.
Über Celle, Hannover, Gutach/Kinzigtal, Freiburg sowie Elzach (1927-1939) kam er nach Waldkirch, wo er bis zu seinem Tode mit seiner Familie lebte. 
Arbeitsschwerpunkte waren Radierungen und Aquarelle sowie Ölbilder und Plastiken. Von ihm sind hauptsächlich Landschaftsbilder, Portraits und vor allem Tierbilder bekannt und in Waldkircher Familien noch heute vorhanden. Diskussionen über seine Bilder im Rathaus zu Waldkirch sind bis heute im Gange. Selbst ist er wohl nie in politische Erscheinung getreten.
Begraben wurde er in Waldkirch, zusammen mit seiner Frau Aenne, die nach dem Krieg Lehrerin war und um die Jahrhundertwende im Waldkircher Altersheim verstarb.

Danke Herrn Behringer vom Erzb. Seelsorgeamt Freiburg für diesen Hinweis!

"Nie in politische Erscheinung getreten"? Wie nennt man das, wenn ein NSDAP-Mitglied in Elzach an der Spitze eines Mobs die Fensterscheiben eines jüdischen Mitbürgers einwirft? Etwa "künstlerische Aktion"? Oder so nach dem Motto: "Sehen Sie das nicht so eng, lieber Türkheimer; dass ich Ihnen die Fenster einschmeiße, hat nichts mit Politik zu tun. Ich bin lediglich Antisemit!"

Wir werden niemals alle Nazi-Relikte loswerden – sonst dürften wir nicht einmal mehr VW fahren. Dass aber nun nicht einmal das absolute Minimum, nämlich eine wirklich angemessene, dominante Kommentierung der Rathausbilder, realisiert werden soll, ist schon mehr als traurig.

17_06_05

 

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