Nazibilder und kein Ende?

© Eric Fricke

Wieder einmal schlagen die Emotionen hoch: Die Nazibilder im Waldkircher Rathaus müssen weg! Im Jugendzentrum gab es eine große Diskussionsrunde, bei der ich leider aus Zeitgründen nicht dabei sein konnte. Es scheint Bewegung in die Sache zu kommen.

In meinem Artikel "Ein nicht entnazifiziertes Treppenhaus" hatte ich dargelegt, weshalb ich es sinnvoll finde, einen kleinen Ausschnitt der Schroeder-Schoenenbergschen Machwerke zu erhalten, um die Diskussion nicht zum Erliegen zu bringen – es muss ja nicht gerade eine so prominente Stelle wie gegenüber der Tür zum Bürgersaal sein. Es war die Aussage eines Waldkircher Schülers in der Badischen Zeitung, die mich in dieser Überlegung bestärkte: Er habe nicht gewusst, dass der Nationalsozialismus auch in seiner Heimatstadt so präsent gewesen sei, sagte er sinngemäß; er sei erst durch die Diskussion über die Wandbilder darauf aufmerksam geworden. Andererseits muss ich aber dem Karlsruher Journalisten Benno Stieber widersprechen, der für den Erhalt der Bilder plädiert ("unsere Demokratie kann das vertragen") – um das Bewusstsein um die Vergangenheit wach zu halten, braucht es kein komplett verschandeltes Treppenhaus. Eine einzige Stelle, und diese endlich einmal adäquat kommentiert, reicht völlig.

In diesem Punkte stoße ich bisweilen auf blankes Unverständnis: Da hingen doch lauter schöne Zettel, auf denen die Bilder erläutert würden?! Mit Verlaub, Freunde und Nachbarn, bei deren Anblick bin ich fast in Ohnmacht gefallen: Die deutschsprachige Kommentierung in Frakturschrift! Ich weiß nicht, wer das verbrochen hat, das Hirn hat er aber – Entschuldigung, wenn es jemand war, den ich kenne – nicht eingeschaltet. Freilich ist eine Fraktur, historisch gesehen, keine Nazi-Schrift – im Gegenteil wurde schon zu Beginn des 3. Reiches die Verbreitung von Groteskschriften gefördert –, aber Tatsache ist halt, dass man gefühlsmäßig Nationalsozialismus und Fraktur in einen Topf wirft. Somit konterkarieren die Kommentare sich selbst – alleine durch ihre typografische, na ja, Gestaltung. Hätte es nicht auch die aus der Bauhaus-Ära stammende Futura sein können?

Natürlich kann ich sehr gut damit leben, wenn die Bilder komplett entfernt werden – besser als der jetzige Zustand ist es allemal. Deren Dokumentation in Form von großformatigen Drucken, wie sie mir Wolfram Wette neulich erläuterte, ist sicher sinnvoll, ersetzt aber nicht den "Stachel im Fleische". Die Diskussion um Waldkirchs Vergangenheit wird, mangels Provokation, sicherlich abflauen. Das wäre schade.

Was manche Leute an den Bildern Schroeder-Schoenenbergs ("der hat doch auch so nette Kinderbücher illustriert") so schön finden, dass sie sie am Liebsten komplett erhalten würden, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Kunst? Na, ich danke schön!

Wenn es die Angst vor kahlen Wänden ist, da hätte ich allerdings eine Lösung. Haben wir etwa keine fähigen Künstler im Elztal, die die Gestaltung des Treppenhauses übernehmen könnten? Leuten wie Klaus-Dieter Kienzler oder Horst Schätzle könnte man die Augen verbinden, sie bis zum Stehkragen abfüllen und ihnen einen Pinsel in die Hand drücken – sie würden ohne Mühe künstlerisch (und inhaltlich) Anspruchsvolleres schaffen. Das wäre dann auf demokratische Weise "Kunst am Bau"; damit könnte sich die Bevölkerung auch identifizieren.

Neulich übrigens, am Stammtisch, tauchte nach dem zweiten Bier ein netter kleiner Gedanke auf. Was, wenn da plötzlich ein paar Leute im Rathaus auftauchten, mit Lammfellrollen, Leitern, Abdeckpapier und ein paar Eimern Latexfarbe bewaffnet? – "Ja, vu wem der Uftrag isch, wisse mir au nit, aber mir sodde do d Wänd striiche..."

Irgendwo in einem Umzugskarton liegt noch mein über 20 Jahre alter Gesellenbrief: "Ausbildungsprüfung im Maler- und Lackierer-Handwerk bestanden". Vielleicht mal den Armin Welteroth fragen, ob das fachgerechte Überstreichen von Nazipropaganda auch unter Sachbeschädigung fällt...

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