KFZ-Steuer für Transporter: Keiner blickt durch

© Eric Fricke

Nun, liebe Freunde und Nachbarn, haben Sie sich schon einmal gefragt, woher der Staat das Geld nehmen will, um die Senkung von Unternehmenssteuern auszugleichen? Oder womit der deutsche Anteil am Luftabwehrsystem MEADS in Höhe von 2,85 Milliarden Euro bezahlt werden soll? Nebenbei, der Bundesrechnungshof ist da eine Spur pessimistischer und rechnet eher mit 6 Milliarden.

In meinem Artikel "Wie man Meinung macht" hatte ich das schon einmal ausgeführt: Man holt sich das Geld von den Besitzern von Kleintransportern. Ein Großteil dieser Fahrzeuge wurde bislang als LKW, also nach Gewicht, besteuert. Das sind ziemlich genau 11 Euro je angefangene 200 kg zulässiges Gesamtgewicht. Nun sollen diese Fahrzeuge ab 1. Mai 2005 wie PKWs besteuert werden, mit Ausnahme von Wohnmobilen (obwohl in dem Fall keiner so recht Bescheid weiß). Die Vorlaufzeit von etwa einem halben Jahr von der Bekanntgabe dieses Beschlusses bis zur Realisierung des Gesetzes gab weder den Besitzern noch der Industrie die Möglichkeit, in irgendeiner Form zu reagieren. Bis heute gibt es für mein Auto, Baujahr 2000 und eines der meistgefahrenen Nutzfahrzeuge in Europa, keinen Nachrüstfilter, der die zu erwartende Steueranhebung von rund 160 auf ca. 500 Euro mildern könnte. Dabei habe ich noch das Glück, dass ich mir seinerzeit das Modell mit der kleinen 1,9-Liter-Maschine gekauft habe und nicht das mit dem 2,8-Liter-Boliden, obwohl die große Maschine auf hundert Kilometer einen guten Viertelliter Diesel weniger konsumiert. Wäre ja durchaus ein Argument gewesen bei einem Verbrauch in der Größenordnung eines Mittelklasse-PKWs – bei einem Kieslaster würde das nicht so ins Gewicht fallen.

Apropos Rußfilter (Sie wissen ja, wie gerne ich abschweife): Heute las ich, dass der Dieselruß zu etwa einem Drittel an der Entstehung von Feinstäuben beteiligt ist und daher künftig Fahrverbote nicht ausgeschlossen werden können. Wird es dann auch – wegen der restlichen zwei Drittel – ein Heizverbot geben? Oder muss die Industrie die Produktion herunterfahren? Die Produzenten von Kfz-Rußfiltern (auch das nur nebenbei) sitzen zwar in den Startlöchern, warten aber immer noch auf eine definitive steuerliche Entscheidung aus Berlin. Und VW, so ein Händler, habe zwar zum Beispiel einen Rußfilter für den Touran in petto, liefere ihn aber nicht aus.

Wohnmobile sollten also von der Änderung nicht betroffen sein, hieß es. Aber, welche Überraschung, nun stand in der Badischen Zeitung, dass auch Wohnmobile nach den PKW-Richtlinien besteuert werden sollten – mit der Folge, dass jemand, der sich einen alten Siebeneinhalbtonner mit Bett, Schrank und Gasherd ausgerüstet hatte, unter Umständen dreimal so viel an Steuern berappen müsste wie eine Spedition für einen 40-Tonnen-Sattelzug. Also rief ich (nachdem ich in letzter Zeit schon öfter mal in Katalogen von Wohnmobileinrichtern geblättert hatte) beim Finanzamt Emmendingen an – wohlgemerkt: Vier Wochen vor dem geplanten Inkrafttreten des Gesetzes!

Der zuständige Sachbearbeiter war ausgesprochen nett. Seit Monaten, so erzählte er, riefen massenhaft Leute beim Finanzamt an, um endlich einmal Planungssicherheit zu haben, aber er musste denen das Gleiche erzählen wie mir: Er habe nicht die geringste Ahnung, wie das Gesetz denn letztendlich ausfallen würde, das sei alles noch in der Schwebe. Es habe mal ein Schreiben gegeben, demzufolge an der Gewichtsbesteuerung von Wohnmobilen festgehalten werden solle, aber das sei unverbindlich gewesen. Auch auf meine Frage, wie es denn um leichte Nutzfahrzeuge mit einer LKW-Zulassung bestellt sei, wusste der gute Mann keine Antwort. Er war der Ansicht, dass mein Transporter aufgrund der Bauweise und der Tatsache, dass das zulässige Gesamtgewicht bereits ab Werk über 2,8 Tonnen läge, momentan durchaus gute Chancen habe, als LKW zugelassen und auch steuerlich anerkannt zu werden, aber: "In 4 Wochen kann das schon wieder ganz anders aussehen." Und werkseitig als LKW zugelassene Fahrzeuge? – "Keine Ahnung." Es sähe aber schon ein wenig danach aus, als würden die ebenfalls unter die Hubraumbesteuerung fallen, aber, wie gesagt: Ohne Gewähr. Ich solle doch in 14 Tagen wieder anrufen, vielleicht wüsste man dann mehr – das wäre dann zwei Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes!

Nun, Freunde und Nachbarn, auf solche Weise werden sonst in Bananenstaaten Gesetze durchgebracht. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf unsere Bundespolitiker, die, fernab der Realität, überhaupt nicht mehr mitbekommen, was ein Gesetz an Auswirkungen haben mag. Ich denke da gerade an meinen Schwager, der in Berlin als selbstständiger Baumpfleger tätig ist. Der Job reicht so eben zum Leben, deshalb fährt er immer noch einen mittlerweile fast 20 Jahre alten Ford Transit. Rechts neben der Schiebetür steht die Werkzeugkiste, hinten im Laderaum befindet sich ein Bett (unter dem die Kettensägen deponiert sind). Das Bett wird für auswärtige Jobs benötigt, denn um im Hotel zu übernachten, muss man ganz schön viele Bäume pflegen. Praktisch, wenn man das Schlafzimmer direkt am Arbeitsplatz hat. Der Transit ist als Wohnmobil zugelassen und kostet rund 160 Euro Steuern im Jahr. Sind Wohnmobile ab dem 1. Mai ebenfalls betroffen, wird mein Schwager künftig fast das zehnfache an Steuern berappen müssen. In Anbetracht seines jährlichen Umsatzes würde ihm da nur die Wahl bleiben, seine Sägen zu Fuß durchs Berliner Umland zu transportieren und das Schnittgut mit der Schubkarre zur Deponie zu verfrachten.

Aber sehen wir das Ganze doch positiv: Die Gebrauchtpreise für leichte Nutzfahrzeuge werden drastisch sinken, und dann hat man ein Auto, dessen Wert nach Hartz IV als "angemessen" eingestuft wird. Nur bei der alljährlichen Steuerzahlung wird es dann gewaltig "hartzen".

01_04_05

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